1968
DER KRAWALL AUF DEN STRASSEN

Beeinflusst durch die Flower-Power-Bewegung aus den USA und den europaweiten Studentenprotesten bekundete eine neue Generation Zürcher Jugendlicher ihren Willen zur politischen Mitbestimmung. Nach dem Jimi Hendrix-Konzert im Hallenstadion im Mai 1968 kam es zu Krawallen zwischen Jugendlichen und der Polizei, die in der Innenstadt bis in die Morgenstunden dauerten. Wenige Tage später entstand die FASS (Fortschrittliche Arbeiter, Schüler und Studenten) und forderte auf politischem Weg und auf der Strasse ein autonomes Jugendzentrum. Die Verhandlungen eskalierten Ende Juni 1968 beim Globuskrawall als die Polizei gegen 5000 jugendliche Demonstranten hart vorging. Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik und Kultur u.a. Max Frisch kritisierten das Vorgehen der Polizei scharf und schrieben ihre Position im Zürcher Manifest nieder. Diese Arbeitsgruppe betrieb über längere Zeit ein Diskussionsforum.

Im Oktober 1970 kam es zur Eröffnung des Lindenhofbunkers. Dass die Räumlichkeiten als Jugendzentrum ungeeignet waren bezeugte ein Graffiti am Eingang: «Wir danken dem Stadtrat der uns grosszügiger Weise für jeden Jugendlichen der in der Stadt Zürich lebt 36cm2 Jugendhaus-Fläche zur Verfügung gestellt hat!» Nach 68 Tagen räumte die Polizei den Bunker, weil keine Einigung im Umgang mit Drogen, dem Zutritt von Minderjährigen und den Übernachtungen im Bunker gefunden werden konnte. Das Drahtschmidli und später das Schindlergut rückten in den Fokus für die Forderung nach einem autonomen Jugendzentrum. Die Wertvorstellungen der 68er-Bewegung konnten oft erst später umgesetzt werden – so auch ein offener Betrieb in der Jugendarbeit.

Einen kulturellen Konflikt lösen weder Prügel noch Verbote noch Besänftigung durch gönnerhafte Angebote. «Wohltätigkeit ist das Ersaufen des Rechts im Mistloch der Gnade» (Pestalozzi). Unterdrückung der Konflikte treibt die Jugend auf die Barrikaden.

Auszug aus dem Zürcher Manifest, 1968
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QUELLEN:

  • Rundschau, Krawalle Zürich, 1968
  • Bilder aus dem Sozialarchiv Zürich